Leseprobe
Die Nacht, die alles veränderte – Kira & Nyx' erste Begegnung
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Jägerin der Schatten – Wer ist Kira?
Tief in den Wäldern von Thariis bewegt sich eine Gestalt lautlos durch das Dickicht. Sie ist mehr Schatten als Wesen, mehr Wind als Körper. Ihre Schritte hinterlassen keine Spuren, ihre Sinne erfassen jede Bewegung, jedes Flüstern der Blätter im Wind.
Ihr Name ist Kira Padu eine Jägerin, eine Beobachterin, eine Kämpferin.
Sie gehört zu den Kashari, den fuchsartigen Bewohnern von Thariis, doch anders als viele ihrer Artgenossen hat sie das Leben in den großen Städten hinter sich gelassen. Ihre Heimat ist der Sagun Wald, ein uralter, lebendiger Ort voller Magie und Gefahren. Zwischen den leuchtenden Bäumen, unter dem violetten Himmel, hat sie gelernt zu überleben nicht mit roher Gewalt, sondern mit Intelligenz, Geschick und der Kraft der Natur.
Kira ist keine Heldin, die sich in den Mittelpunkt drängt. Sie spricht nicht viel, wählt ihre Worte mit Bedacht. Doch wenn sie etwas sagt, dann mit der Präzision eines Pfeils, der sein Ziel niemals verfehlt. Sie lebt für die Freiheit, für den Wald, für die Gerechtigkeit und wenn nötig, wird sie zu einer unsichtbaren Bedrohung für jene, die anderen Schaden zufügen.
Sie hat keine Angst vor der Dunkelheit – sie ist ein Teil von ihr.
Der Ruf der Dunkelheit
Der Nebel lag schwer über dem Sagun Wald, seine dichten Schleier tanzten zwischen den uralten Bäumen. Die leuchtenden Pilze am Boden warfen ein geisterhaftes Licht auf die lilafarbenen Blätter, während der Wind ein leises Flüstern durch das Unterholz jagte.
Kira kannte diesen Wald. Er war ihr Zuhause. Aber heute Nacht fühlte er sich... fremd an.
Sie war auf einer Mission Heilpilze für einen Mönch sammeln, der Tränke herstellte. Ihre Pfoten bewegten sich lautlos über den moosbedeckten Boden, ihre Ohren gespitzt, als ein fremder Geruch ihre Nase traf.
Rauch. Feuer. Und... Wilderer.
Ein leises Knacken im Dickicht ließ sie erstarren. Stimmen. Tief und gierig. Sie schlich sich näher, sprang auf einen umgestürzten Baum und spähte in eine versteckte Höhle.
Fünf Gestalten saßen um ein Feuer. Der Geruch von gebratenem Fleisch lag in der Luft.
Und dann sah sie die Käfige.
Ein Dutzend Tiere ein paar Peggin, ein paar Zupp und zwei Mellos standen angebunden an der Höhlenwand . Gefangen, aber nicht verletzt. Ihr Herz zog sich zusammen.
Doch als ihr Blick tiefer in die Höhle wanderte, entdeckte sie ihn.
Zwei Augen, so tiefblau wie der Nachthimmel, leuchteten aus der Dunkelheit.
Ein Pelar.
Sein Fell war schwarz mit hell blauen, leicht schimmernden Mustern. Ruhig saß er da, beobachtete sie. Und dann – ein Flüstern in ihrem Kopf.
„Du... bist nicht wie sie.“
Kira riss die Augen auf. Telepathie?
Pelare waren für ihre Gedanken Kommunikation bekannt, aber so früh? Er musste noch jung sein. Kein Wunder, dass es nur ein undeutliches Echo war.
Aber sie verstand ihn. Und er verstand sie.
Sie durfte ihn nicht hier lassen.
List der Füchsin, Sprung ins Unbekannte
Kira schloss kurz die Augen, atmete tief durch. Sie musste schlau sein.
Mit schnellen Pfoten sammelte sie zwei leuchtende Blüten, Sträucher und Äste. Mit einer Liane und einem Stein bastelte sie eine Attrappe einen schemenhaften Pelar, der in der Dunkelheit täuschend echt aussah.
Dann schlich sie zum Höhleneingang und ließ die Attrappe durch das Unterholz huschen.
„Da ist noch so ein Vieh!“ rief einer der Wilderer. „Schnappt es euch! Die bringen uns eine Menge Edelsteine!“
Vier von ihnen sprangen auf und rannten los.
Kira wartete... dann kappte sie die Liane.
Der Stein sauste in eine Felsspalte und zog die Attrappe mit sich. Die Wilderer stürmten hinterher.
Bleibt noch einer.
Kira schlich sich an ihn heran, packte einen dicken Ast und
Klonk!
Er fiel um.
„Ups.“
Keine Zeit zu verlieren. Sie sprintete in die Höhle, trat gegen den ersten Käfig. Die Türen sprangen auf, die kleineren Tiere flitzten in die Freiheit.
Sie schnitt die Seile der Mollos durch, die daraufhin in der Dunkelheit verschwanden.
Dann wandte sie sich dem Pelar zu.
Seine eisblauen Augen fixierten sie, er schien auf ihre nächste Bewegung zu warten.
„Ich hole dich hier raus.“ murmelte sie und tastete nach dem Verschluss des Käfigs.
Ein leises Summen in ihrem Kopf.
„Gefahr… nahe…“
Kira spitzte die Ohren. Die Wilderer kamen zurück.
Sie durchtrennte den Strick des Käfigs, zog ihn vorsichtig heraus. Doch als sie loslaufen wollte, zuckte der Pelar zusammen – sein Bein war am Gitter hängengeblieben. Eine tiefe Schnittwunde zog sich über seine Vorderpfote.
„Mist… ich krieg dich hier raus, versprochen.“
Dann hörte sie wütendes Gebrüll.
„Rennen!“
Mit dem Pelar auf dem Arm stürmte sie aus der Höhle, sprang über Wurzeln, raste durch das Dickicht. Die Wilderer hetzten hinterher.
Sie rannte Richtung einer versteckten Felsspalte sieben Meter tief, aber mit Moos am Boden.
Doch dann.
Ihr Fuß rutschte weg.
Kira fauchte, fuhr ihre Krallen aus und krallte sich in die Felswand. Der Pelar klammerte sich an sie, sein Fell kitzelte an ihrem Gesicht.
„Nicht… loslassen…“
„Keine Sorge, tu ich nicht!“
Langsam glitt sie die Felswand hinunter bis sie schließlich auf dem Moosboden aufprallte.
Stille.
Der Pelar lag quer über ihr.
Dann schleckte er ihr quer über die Schnauze.
„Ugh! PELAREN-SABBER?!“
Er blinzelte unschuldig.
Kira seufzte und strich ihm vorsichtig durchs Fell.
„Sicher... jetzt.“
Sie lächelte.
„Ja. Jetzt sind wir sicher.“
Ein Name für einen Freund
Der erste Lichtstrahl des Morgens brach durch die Baumkronen.
Kira rieb sich die Augen und bemerkte, dass der Pelar noch immer an ihrer Seite lag. Sein verletztes Bein lag vorsichtig ausgestreckt, seine Atmung war ruhig.
Sie lächelte, griff nach einem Stück Stoff aus ihrer Tasche und band es vorsichtig um seine Wunde.
„Hier. Das wird dich daran erinnern, vorsichtiger zu sein.“
Er schnaubte und musterte das Band tiefschwarz mit einem cyan farbenen Muster, genau wie seine Augen.
Dann hob er langsam den Kopf und sah sie an.
„Ich… bin…?“ Kira blinzelte. Hatte er sie gerade gefragt, wer er war?
Sie dachte nach.
Ein Name... etwas, das zu ihm passte. Dunkel wie die Nacht, sanft wie die Schatten, schnell wie der Wind.
„Nyx.“ Der Pelar zuckte mit den Ohren.
Dann schloss er kurz die Augen, als würde er den Namen in sich aufnehmen.
Und als er sie wieder öffnete, war da kein Zweifel mehr.
„Ich bin Nyx.“
Dann leckte er ihr noch einmal quer über die Schnauze.
„HÖR AUF DAMIT!“ rief sie lachend und schob ihn weg.
Doch tief in ihrem Herzen wusste sie es schon.
Von diesem Moment an waren sie unzertrennlich.
Die Nacht hatte sie zusammengebracht und nichts würde sie je wieder trennen.