

Die Jägerin & die Wüste – Kiras Suche nach dem perfekten Geschenk
Die Suche nach dem Licht der Wüste
Die Wüstenstadt Zarash’Dai leuchtete in der warmen Nachmittagssonne wie ein Juwel, umgeben von endlosen Sanddünen und uralten, mit mystischen Symbolen verzierten Mauern. Der Markt, das pulsierende Herz der Stadt, war eine Explosion aus Farben, Gerüchen und Stimmen Händler priesen ihre Waren an, Musiker spielten auf Flöten und Trommeln, und die Luft war erfüllt von den süßen Düften exotischer Früchte und der herben Würze frisch gerösteten Kaffees.
Kira schlenderte durch die mit bunten Tüchern überdachten Gassen, ihr Blick glitt über die unzähligen Stände, auf der Suche nach dem perfekten Geschenk für ihre Mutter.
Es war ein besonderes Jahresfest. Kein gewöhnlicher Geburtstag, sondern der Tag, an dem das Jahr sich für ihre Familie vollendete eine Zeit, um Dankbarkeit zu zeigen, für alles, was sie voneinander gelernt hatten.
Doch was konnte sie nur schenken?
Edle Roben und Stoffe. Seidige, leuchtend gefärbte Gewänder hingen an kunstvoll geschnitzten Holzständern, flatterten sanft im warmen Wind. Kira fuhr mit den Krallen über ein tiefblaues Tuch mit silbernen Stickereien. Schön… aber nicht das Richtige.
Goldene Armreifen funkelten in der Sonne, kunstvoll gefertigte Anhänger mit Edelsteinen wurden von geschickten Pfoten poliert. Doch ihre Mutter war keine, die sich mit Juwelen schmückte.
Kleine Statuen von Tieren und Kashari aus Wüstenholz, manche kunstvoll bemalt, andere schlicht und roh. Interessant… aber es fehlte die persönliche Bedeutung.
Mit einem leichten Seufzen ließ sie den Blick weiter schweifen.
Ein kleiner Stand am Rand des Marktes erregte ihre Aufmerksamkeit. Ein alter Fex Händler mit wettergegerbtem Fell und leuchtenden Augen bot Spezialitäten aus der Wüste an.
Wüstenkaktus, frisch aufgeschnitten, das saftige Innere schimmerte im Sonnenlicht.
„Ein Stück für dich, Jägerin?“ fragte der Händler mit einem wissenden Lächeln.
Kira nahm dankend an, biss hinein, eine angenehme Kühle breitete sich in ihrem Mund aus, süß und erfrischend. Sie genoss den Moment, ließ ihren Blick über das bunte Treiben gleiten.
Die Stadt war voller Leben.
Kinder rannten lachend zwischen den Ständen hindurch, ein Musiker spielte eine sanfte Melodie auf einer Holzflöte, während eine Gruppe Reisender um ein uraltes Schriftstück feilschte.
Die Magie von Zarash’Dai war nicht in Artefakten oder Gold versteckt sie lag in der Atmosphäre, in den Farben, in den Geschichten der Kashari.
Kira musste einfach das Richtige finden.
Etwas, das bedeutete: Ich danke dir. Für alles.
Aber wo?
Mit neuer Entschlossenheit wischte sie sich den Kaktussaft von den Krallen und tauchte tiefer in den Markt ein.
Noch ahnte sie nicht, dass diese Suche sie nicht nur zu einem Geschenk, sondern auch zu einer Begegnung führen würde, die ihr Leben verändern würde…

Der alte Fuchs und der schimmernde Stein
Die Stimmen des Marktes wurden leiser, als Kira in eine schmale, ruhige Seitenstraße einbog. Der Trubel des Hauptmarktes verblasste, doch hier, im Schatten der alten Lehmhäuser, entfaltete sich eine andere Art von Magie.
Ein alter Fuchs saß hinter einem kleinen Stand aus dunklem Holz. Sein Fell war von der Sonne gebleicht, seine Ohren hingen leicht zur Seite, und seine bernsteinfarbenen Augen musterten die Welt mit ruhiger Gelassenheit. Vor ihm lagen sorgfältig arrangierte Schmuckstücke kleine Ketten, Ringe, Anhänger. Keine prunkvollen Juwelen wie auf dem Hauptmarkt, sondern schlichte, aber mit Liebe gefertigte Handwerkskunst.
Und dann sah sie sie. Eine Kette.
Nicht zu auffällig, nicht zu schlicht genau die Art von Schmuck, die ihre Mutter mochte.
Der Anhänger war ein kunstvoll gefertigter Fuchskopf aus glänzendem Silber, umgeben von zarten, mystischen Runen. Doch das, was Kira wirklich in den Bann zog, war der Stein, aus dem die Augen und Runen gefertigt waren.
Ein Kristall, der in allen möglichen Farben schimmerte. Je nach Blickwinkel glühte er orange, dann violett, dann wieder in einem tiefen Blau.
Dazu waren drei Federn an der Kette befestigt orange, lila und weiß, sorgfältig mit feinen Bändern umwickelt.
„Hübsch, nicht wahr?“
Die raue Stimme des alten Fuchses riss Kira aus ihren Gedanken. Sie nickte langsam.
„Ja. Sehr sogar. Woher stammt dieser Kristall?“
Der Händler lehnte sich zurück und lächelte wissend.
„Dieser Stein? Man nennt ihn Serennit, das Licht der Wüste. Er wird tief unter den Sanddünen gefunden, dort, wo die Sonne nie hinkommt. Sagt man zumindest. Ich denke, dass er das Sonnenlicht einfängt und für immer speichert.“
Kira betrachtete den schimmernden Stein nachdenklich.
Ein Stück Licht, das niemals verlischt.
Perfekt.
Sie handelte mit dem alten Händler einen Preis aus nicht zu viel, nicht zu wenig. Sie wusste, dass es auf Märkten immer ums Feilschen ging, aber als sie dem alten Fuchs in die Augen sah, erkannte sie, dass seine Waren nicht die begehrtesten waren.
Und doch hatte er etwas erschaffen, das einzigartig war. Sie reichte ihm ein paar Münzen mehr, als sie ausgehandelt hatten. Der Händler blinzelte überrascht, dann lächelte er.
„Eine ehrliche Seele...“ murmelte er und reichte ihr die Kette in einem kleinen Beutel aus feinem Wüstenstoff.
Kira steckte das Geschenk sorgfältig weg, ließ ihren Blick über die Straße schweifen und plötzlich spürte sie, wie sich ein vertrautes Gefühl in ihrem Magen regte.
Sie hatte den ganzen Tag über den Markt geschlendert, nach dem perfekten Geschenk gesucht und jetzt meldete sich ihr Körper mit einer klaren Botschaft.
Ihr Blick fiel auf eine kleine Bar an einer Ecke, wo sich bereits einige Einheimische niedergelassen hatten. Ein schlichter, aber gemütlicher Ort mit Sitzkissen auf niedrigen Holzplattformen, schattenspendenden Tüchern über den Tischen und dem verlockenden Duft von frisch gebackenem Fladenbrot und gebratenem Gemüse.
Perfekt.
Mit einem zufriedenen Seufzen ließ sie sich auf eines der Kissen sinken und bestellte eine kleine Mahlzeit.
Während sie wartete, ließ sie den Blick über den Markt schweifen.
Die Sonne begann, hinter den Sanddünen zu verschwinden, und tauchte den Markt in ein sanftes, goldenes Licht. Die Farben der Stoffe und Gewänder schienen noch intensiver zu leuchten, und in der warmen Brise lag die Magie einer Stadt, die niemals schlief.
Kira legte eine Pfote auf die kleine Tasche, in der die Kette lag, und lächelte. Ihre Mutter würde sich freuen.

Schatten im Sonnenlicht
Noch wusste sie nicht, dass diese ruhige Pause in der Bar der Moment sein würde, in dem ihr Schicksal eine unerwartete Wendung nahm…
Denn in den Schatten der Stadt wartete bereits jemand darauf, dass sich eine Gelegenheit bot.
Die warme Luft der Wüstenstadt war erfüllt vom Klang fremder Stimmen, von Gelächter und feilschenden Händlern. Der Markt lebte doch Kira nahm all das nur am Rande wahr.
Vor ihr auf dem Tisch lag die Kette, ihr wertvoller Fund, das perfekte Geschenk für ihre Mutter. Während sie darauf wartete, dass ihr Essen serviert wurde, nahm sie das Medaillon noch einmal in die Pfote.
Der Serennit Stein schimmerte im Licht der untergehenden Sonne, wechselte von Orange zu Lila zu einem tiefen Blau. Ihre Krallen glitten über das filigrane Fuchs Emblem, über die feinen Runen, die sie umgaben.
Aber dann spürte sie es.
Einen Blick.
Unauffällig, aber intensiv.
Ohne sich direkt umzudrehen, ließ sie ihren Blick durch die Bar wandern und dort, in der hintersten Ecke, saß er.
Ein Fuchs in einer dunklen Kapuze, halb verborgen im Schatten, scheinbar ganz in seine Mahlzeit vertieft. Doch Kira bemerkte, dass seine Augen immer wieder zu ihrer Kette huschten.
Sie erkannte diesen Blick. Nicht nur Bewunderung.
Verlangen.
Sie ließ sich nichts anmerken, schmunzelte und legte das Medaillon scheinbar achtlos auf den Tisch. Dann drehte sie sich ein wenig zur Seite, als ob sie das Geschehen auf der Straße beobachten würde.
Die Falle war gestellt.
Er bewegte sich blitzschnell.
Ein Schatten huschte über den Tisch, eine Kralle streckten sich nach der Kette doch im selben Moment packte Kira zu.
Ihre Pfote schoss vor, umklammerte sein Pfote mit einem festen Griff, und bevor er überhaupt reagieren konnte, hatte sie bereits das große Messer ergriffen, das neben ihrem Teller lag.
Die Klinge ruhte sanft auf seiner Pfote. Nicht bedrohlich. Nur eine Warnung.
„Überleg dir genau, was du jetzt tust,“ sagte sie leise, ohne ihre Stimme zu heben.
Er blinzelte, hielt kurz inne und dann, zu ihrer Überraschung, brach er in ein breites, unbekümmertes Grinsen aus.
„Hey hey, ganz ruhig, Jägerin. Ich wollte doch nur helfen.“
Langsam, mit zwei Krallen, zog er ein kleines, weiches Tüchlein aus seiner Westentasche, hielt es hoch wie ein wertvolles Artefakt und blinzelte unschuldig.
„Ich habe auf deinem Medaillon einen Fleck gesehen. Wirklich unschön. Ich wollte ihn nur wegwischen.“
Ein Gauner durch und durch.
Kira musste lachen.
„Du hast Glück, dass ich heute gute Laune habe.“
Sie ließ ihn los, lehnte sich zurück und betrachtete ihn nun genauer. Ein schlanker, drahtiger Fuchs mit frechen, bernsteinfarbenen Augen. Sein Fell war sandfarben, perfekt angepasst an das Wüstenklima. Unter seinem Umhang blitzten ein paar versteckte Taschen auf, und sein Grinsen verriet, dass er schon oft in ähnlichen Situationen gewesen war.
„Also gut,“ sagte er und klopfte sich theatralisch den Ärmel ab. „Zur Wiedergutmachung lade ich dich auf einen Drink ein. Und das Essen geht auf mich. Einverstanden?“
Kira schnaubte.
„Ich habe dich beim Diebstahl erwischt und jetzt willst du mich bestechen?“
„Nicht bestechen. Nur entschädigen.“
Sie schüttelte den Kopf. „Du bist unmöglich.“ Aber irgendetwas an ihm war anders.
Ja, er war ein Dieb. Ein Gauner. Ein Schwindler. Aber sein Herz war nicht schlecht.
Kira konnte Instinkte lesen. Sie erkannte Lügen. Und tief in seinem frechen Lächeln steckte eine seltsame Aufrichtigkeit.
Also ließ sie sich darauf ein.
Sie verbrachten den restlichen Tag auf dem Markt, feilschten mit Händlern, probierten exotische Speisen, und irgendwann, als die Nacht über die Wüste hereinbrach, lud sie ihn ein, mit zu ihr zu kommen.
Denn morgen war der große Tag. Die Geschenkübergabe.
Von diesem Moment an wurden sie die besten Freunde. Die Abenteuer mit ihm würden niemals langweilig werden.


